Bericht im „Indeon“
Autor: Detlef Schneider
Die Kita Eppenrod hatte mehr Anmeldungen als Räume zur Verfügung. Ein Tiny-House im Wald bietet nun den nötigen Platz.
9,40 Meter lang, drei Meter breit, innen ausgestattet mit einer Küchenzeile, Toilette, Holztischen- und Bänken, dazu eine Spiel- und die Treppe rauf eine „leise-Ecke“, wo die Kinder schlafen können. Zwischen Sportplatz und Grillhütte im rheinland-pfälzischen Eppenrod bietet seit Jahresbeginn ein Tiny House Platz für die zwölf Kinder der Waldgruppe der im Ort ansässigen Kita.
Unfallkasse gab die Idee zu Tiny House
„Wir sind sehr froh, dass wir diese Lösung gefunden haben“, sagt der Eppenroder Ortsbürgermeister Oliver Lankes. Für 40 Kinder ist die Evangelische Kindertagesstätte Eppenrod/Isselbach ausgelegt, die Zahl der Anmeldungen für das Jahr 2022/2023 lag bei 56 – auch ein Neubaugebiet der beiden Orte führte mit dazu. Eine schnelle Lösung musste gefunden werden.
„Der zweigruppige Kindergarten im Ort war einfach zu klein“, sagt Lankes. Ursprünglich war vorgesehen, das Kita-Gebäude im Ortskern zu erweitern. Doch nach einem Ortstermin mit Verantwortlichen wurde schnell klar, dass ein Umbau mit einem immensen Aufwand – und auch hohen Kosten verbunden gewesen wäre. Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz gab letztlich die Idee zu der Waldgruppe mit Tiny-House, das nun Platz für bis zu 20 Kinder bietet.
Waldpädagogik hat die Erzieherin überzeugt
Wirtschaftlich hat sich der Bau ebenfalls gelohnt. Anstatt der geschätzten Umbaukosten von circa einer halben Million Euro liegen die Kosten für das Tiny-House bei ungefähr 150.000 Euro abzüglich Förderung. „Das liegt daran, dass wir auch sehr viel in Eigenleistung gemacht haben“, sagt Lankes.
„Uns allen ist ein Stein vom Herzen gefallen, als das Haus fertig war“, freut sich Anja Czarnetzky. Sie ist eine von vier Erzieherinnen, die die Waldgruppe betreuen. Drei von ihnen hat die Kita eigens für die Gruppe neu eingestellt. Das Konzept der Waldpädagogik hat sie motiviert, sich für die Stelle zu bewerben.
Kinder sind im Wald entspannter
„Der Wald tut den Kindern unglaublich gut, sie sind viel ruhiger und ausgeglichener“, hat sie beobachtet. Hinsichtlich Motorik und Bewegungen etwa biete er ein Erfahrungsfeld, in dem der ganze Körper beansprucht werde. „Der Wald ist die beste Ergotherapie“, sagt sie. Auch Erfahrungen wie etwa das Wahrnehmen verschiedener Witterungen oder das Unterscheiden von Vogelstimmen seien für die Kinder sehr wertvoll. Ein großes Erlebnis sei auch gewesen, als kürzlich Forstmitarbeiter mit dem Harvester zur Holzernte gekommen seien.
Der Wald ist die beste Ergotherapie.
„Die Kinder halten sich gern draußen auf“, bestätigt auch die Kita-Leiterin Hannelore Backhaus. Im Haus essen sie zu Mittag, das Essen wir aus dem Ort gebracht. Der Rest spielt sich draußen ab. Anfängliche Bedenken, etwa ob die Betreuung der Kinder so ganz ohne Zaun und Abgrenzungen funktionieren kann, hätten sich nicht bewahrheitet.
„Wir erarbeiten ganz viel mit den Kindern zusammen“, sagt Backhaus. Die Kinder entscheiden mit, was sie den Tag über machen wollen. Dieses Einbeziehen führe Backhaus zufolge dazu, dass Kinder Regeln besser einhalten, wenn sie sie selbst mit aufgestellt haben. „Dieses Miteinander funktioniert gut“, sagt sie.
Kinder tragen wetterfeste Outdoor-Kleidung
In Abstimmung mit den Eltern wurden die Kinder für die Waldgruppe einzeln ausgewählt. Wenn sie morgens in den Wald kommen, ziehen ihre Eltern sie wetterfest an. „Dazu gehören Thermounterwäsche und Zwiebellook“, sagt Backhaus.
Die Eltern hätten mittlerweile auch Outdoor-Kleidung für die Kinder angeschafft, Wind und Wetter machen ihnen so auch im Winter nichts aus. „Es hat bisher kaum Tage gegeben, an denen wir wirklich drinnen geblieben sind“, sagt Backhaus. „Die Kinder wollen gar nicht rein.“